1977 und 1979 – Zweimal Europa per Interrail

Meine Erinnerungen an die Interrail Sommer. Zweimal per Interrail Zugticket durch Westeuropa.

1977 – meine Interrail Premiere

Für die Interrail-Karte habe ich das ganze Jahr gespart. Die Bedingungen waren damals einfach. In Deutschland mußte man den halben Preis bezahlen, außerhalb reiste man dann ohne weiter etwas bezahlen zu müssen. Also fuhren wir zuerst auf der kürzesten Strecke nach Innsbruck, wo wir den Arlbergexpress nach Paris bestiegen (1128km). Nach einigen Tagen Paris machten wir uns auf den Weg nach Amsterdam. Von Rotterdam fuhren wir dann über den Kanal nach London (833km). Hier verbrachten wir natürlich mehrere Tage. Weiter ging es dann von London über Edinburgh und Aberdeen zum nördlichsten Teil Schottlands, nach Inverness am Loch Ness. Das Ungeheuer ließ sich zwar nicht sehen, aber allein die Zugfahrt zurück über die schottischen Highlands waren es wert (1193km). In London angekommen ging es sofort weiter, wir wollten zum legendären Reading Rockfestival. Das waren drei Tage Musik mit damals teilweise noch nicht so bekannten Bands wie Uriah Heep, Golden Earring, Ultravox, Aerosmith, Hawkwind, Thin Lizzy, Doobie Brothers und Alex Harvey Band. Anschließend unternahmen wir dann die längste Zugfahrt (2105km), nämlich bis nach Spanien. An der Grenze gab es kleinere Probleme, da man mein Visum (zu dem Zeitpunkt hatte ich nur einen Asylpass) von den fleißigen spanischen Grenzpersonal nicht anerkannt wurde. Ergebnis: ein Tag Verspätung. Unser Zug nach Süden war weg, also fuhren wir einfach mit dem Nächstbesten und landeten in La Coruna. Nach Algeciras, dem südlichsten Punkt kamen wir dann erst ein paar Tage später (1360km). Nach einigen Tagen Badeurlaub fuhren wir wieder Richtung Norden und landeten an der Atlantikküste bei Biarritz (1265km). Übrigens, die billigste Übernachtungsmöglichkeit ist immer der Zug. Davon machten wir oft Gebrauch. Am besten, man sucht sich einen Zug aus, der nicht allzu voll ist. Nach dem Einsteigen sollte man sich breitmachen und sofort alle Vorhänge zuziehen. Hält der Zug und steigen neue Leute ein, so stellt man sich schlafend. Am bequemsten waren damals die englischen Züge, sie waren immer gut gepolstert und die Abteile boten genug Platz für bis zu drei Personen zum schlafen. Die 1825 km lange Rückreise über Lyon, Genf und Zürich verbrachten wir genau auf diese Weise. Schließlich erreichten wir eine Stunde vor Ablauf unserer Karte wieder das heimische Moosburg (1825km).

1979 – Das zweite Interrail Jahr

 

Die zweite Reise mit dem Zug durch Europa war kürzer, nämlich nur 20 Tage, dafür 7000km lang. Diesmal fuhren wir direkt bis nach London, da es dort wieder ein Rockkonzert gab, was wir uns unbedingt ansehen wollten, nämlich das Knebworth Festival. Das war natürlich ein Erlebnis der besonderen Art. Ein Rockkonzert mit Led Zeppelin vor etwa 200 000 Zuschauern. Wer konnte das schon mal erleben: mehrere Stunden lang Led Zeppelin auf der Bühne und eine Liveversion von „Stairway To Heaven“, wie ich sie davor und danach nicht mehr gehört habe. Hier spielte die Gruppe wirklich für die Zuschauer und nicht wie in Deutschland nur zum Geldverdienen. Es war das erste Mal nach einigen Jahren, wo die Gruppe wieder überhaupt live spielte und das zuhause in England. Wer konnte damals ahnen, dass das Knebworth Festival zur Legende wird. Ihr könnt das gerne auf den Led Zeppelin Seiten im Internet alles genau nachlesen. Das Konzert wurde komplett mit Videokameras aufgenommen und viele Lieder kann man sich heute auf YouTube anschauen. Nach dem Festival ging´s weiter nach Norden, diesmal bis Golspie, dem nördlichsten Punkt, der per Bahn in Schottland erreichbar ist. Über Wick in Westschottland fuhren wir dann durchgehend bis Biarritz an der französischen Atlantikküste. Der Strand war mir schon von meinen zwei vorherigen Besuchen bekannt, aber ich wollte hier diesmal eine ganze Woche verbringen. Dann verbrachten wir an der Atlantikküste allerdings unfreiwillig einige Tage mehr als geplant, da das französische Bahnpersonal streikte. Schließlich ging dann doch ein Zug, über Lourdes nach Rom. Der war aber so überfüllt, das wir nicht einmal im Gang einen vernünftigen Sitzplatz bekamen. Leider erreichten wir Italien einen Tag bevor wir zuhause sein mußten und so stiegen wir in Monte Carlo aus. Dort machten wir recht schnell mit der monegassischen Polizei Bekanntschaft, als wir auf einer Bank auf der Strandpromenade vor lauter Müdigkeit, durch eine schlaflose Nacht im Zug bedingt, einschliefen. Schließlich wurden wir auch noch von freundlichen Polizisten vor dem Casino darauf aufmerksam gemacht, daß man dort ohne Oberbekleidung (es hatte über 30 Grad) nicht rumlaufen darf. Also bestiegen wir dann den nächst möglichen Zug, der über den Brenner nach München ging. Das war mein letzer Besuch bis heute in Monte Carlo.