Filmen für Anfänger – 5. Schnitt

0_thumbnailDu hast nun die Materialsichtung hinter Dir und alle Szenen sauber in verschiedene Ordner eingeteilt. Diese Einteilung ist ziemlich unabhängig vom jeweils gewählten Schnittprogramm, denn die Order sollten von jedem Schnittprogramm unterstützt werden.

Nun heisst es einzelne Szene anzupassen und zu kürzen, also mit einem sogenannten Rohschnitt anzufangen. Im vorigen Teil hast Du zwar schon alle nicht brauchbaren Aufnahmen aussortiert, aber jetzt hast Du noch alle guten Aufnahmen in der original aufgenommenen Länge drin. Da sind also Szenen noch drin, die zu lang sind, deren Anfang oder Ende nicht gut ist, weil Du z.B. die Kamera schon nach unten gezogen hast aber diese noch auf Aufnahme stand. Allgemein kann man zu Szenenkürzungen sagen, alle Szenen, die einen Ablauf zeigen, sollten so gekürzt werden, dass sie beim Beginn eines bestimmten Ablaufs beginnen und am Ende des Ablaufs aufhören, alles Überflüssige davor und dahinter kann weg. Ebenfalls sollte alle Aufnahmen gekürzt werden, deren Anfang oder Ende nicht „gut“ ist. Handelt es sich um Schwenks, so sollten auch überflüssige Teile weggeschnitten werden, aber auf jeden Fall den Schwenk von Anfang bis Ende noch erhalten. Bei Totalen sollte man maximale Längen von 5 bis 8 Sekunden wählen, eher kürzer, sonst wird es schnell langweilig. Ausser es kommt ein Kommentar rein, der die Szene erklärt, dann kann sie auch länger stehen bleiben. Nahaufnahmen jeder Art sollten nicht länger als 4 Sekunden sein, ausser es passiert ein Ablauf, dann lässt man den Ablauf stehen.

Wie mache ich das alles aber im Schnittprogramm? Nun ganz einfach. Jedes Schnittsprogramm erlaubt es einen Szenenanfang („In“) und ein Szenenende zu bestimmen („Out“). Also holst Du Dir Szene für Szene diese in ein Vorschaufenster und kürzst entsprechend. Beim digitalen Schnitt hast Du ja den Vorteil, dass Du nicht wirklich und real schneidest, wie beim analogen Film, Du hast also später jederzeit noch die Möglichkeit, auch Szenen, falls notwendig, wieder zu verlängern.

tipp1

Der erste Teil des Rohschnitts besteht aus dem Kürzen aller verwendbaren Szenen auf eine Länge, die voraussichtlich im späteren Film auch verwendet werden kann.

Nun sind also alle Szenen entsprechend gekürzt und angepasst. Im nächsten Schritt machst Du einen Rohschnitt. Rohschnitt bedeutet, dass alle Szenen, die Du verwenden möchstest hintereinander in einem Szeneneditor oder in der Timeline abgelegt werden. Natürlich kannst (oder musst sogar) einzelne Szenen später nochmals umstellen, aber die Geschichte steht dann ja und Du machst es, um Deine Geschichte noch zu verbessern.

Nun hast Du Dir ja beim Filmen ja schon bereits einen Ablauf oder eine Geschichte vorgestellt, Du musst sie jetzt nur noch umsetzen, indem Du alle Szenen in der für Dich richtigen Reihenfolge zusammensetzt. Dabei solltest Du natürlich filmische Gesichtspunkte nicht ausser Acht lassen. Heisst also, Achsensprünge zu vermeiden, oder zumindest durch Zwischenaufnahmen (die Du hoffentlich gemacht hast) filmisch zu begründen. Wenn es sich um einen Ablaufvorgang handelt, dann solltest Du natürlich auch auf die Kontinuität (engl. „Continuity“) achten, der Ablauf sollte also logisch und nachvollziehbar sein.

Beispiel: Eine Person nimmt ein volles Glas Wasser, trinkt, sagt etwas, trinkt wieder und legt dann das leere Glas Wasser weg. Die Person sollte also kein leeres Glas nehmen und dann ein volles weglegen und auch dazwischen sollte das Glas Wasser nicht voller, sondern leerer werden. Voraussetzung ist natürlich, dass man das auch schon richtig gefilmt hat. Schaffst Du das nicht, eine für den Zuschauer nachvollziehbare Reihenfolge zu schaffen, dann solltest Dir überlegen, ob Du eine solche Szene nicht weglässt. Beim professionellen Kinofilm redet man von Anschlussfehlern (eben „Continuity“). Das passiert den besten Regisseuren und bei den teuersten Filmen und man findet im Internet dafür genug Beispiele.

Beispiel aus „Casino Royal“: James Bond steigt in sein Auto, öffnet das große Kuvert und lässt die Autotür offen. In der nächsten Szene holt er die Pistole aus dem Handschuhfach, lädt sie durch und dabei sieht man eine geschlossene Autotür. Dann steigt er wieder aus dem Auto aus und braucht die Tür nicht zu öffnen, da sie schon wieder offen ist.

Ich hoffe, das Beispiel zeigt deutlich, dass man beim Schneiden schon während des Filmens auf die Anschlüsse achten sollte. Ist es passiert, so muss man nur noch entscheiden, ob das so wichtig ist, dass man die Szene trotzdem verwendet oder dann doch weglässt.

Beim Zusammenstellen der Aufnahmen zu Szenen solltest Du Dir auch schon überlegt haben, ob da ein Kommentar, also eine Erklärung bzw. Beschreibung der Szene reinkommt. In diesem Fall kannst Du ja schon den Kommentar in etwa vorsagen, damit bekommst Du ein gutes Gefühl, ob die zusammengestellte Szene für den Kommentar evtl. zu kurz ist.

Wie ist es mit den Geräuschen? Kann ich die lassen, oder müssen die ersetzt werden? Soll da Musik rein? Auch diese Fragen solltest Du Dir beim Rohschnitt stellen, weil Du da zumindest schon Vorbereitungen für die spätere Vertonung machen kannst. Ist der Originalton zur Aufnahme zu schlecht, dann suche Dir schon mal aus benachbarten Aufnahmen ein Originalton, der besser verwendbar ist und auch passt. Du findest oft besseren Originalton auch in aussortierten Aufnahmen, die zwar vom Bild schlecht sind oder nicht passen, aber vom Ton. Denke daran, ein Film besteht nicht nur aus dem Bild, sondern zu einem großen Teil auch aus dem unterlegten Ton, egal ob das Hintergrundgeräusche, Kommentar oder Musik ist.

tipp2

Der zweite Teil des Rohschnitts besteht aus dem Zusammenstellen der einzelnen Aufnahmen zu einem Ablauf einer Szene, bzw. zu einer Geschichte. Auch Nah- und Zwischenaufnahmen sollten schon in der richtigen Reihenfolge sein. Dabei solltest Du auch schon grundsätzlich auf den Ton achten.

Den Rohschnitt hast Du nun also fertig. In nächsten Schritt willst Du feintunen, also den Feinschnitt machen. Das ist oft an dieser Stelle noch gar nicht möglich, weil Du den Kommentar noch nicht hast oder auch noch nicht die Musik, die Du verwenden möchtest, ausgesucht hast. Oft kann man den letzten Feinschliff beim Bild erst danach machen. Macht aber nichts, die Punkte, die Du hier erfährst, kann natürlich auch später nochmals anwenden, der Feinschnitt besteht oft aus zwei Phasen.

Zwischenspiel: Titel

Du hast vor dem Feinschnitt noch was zu erledigen. Auch der kleinste Film und auch Dein erster Film sollten einen Titel haben, am Anfang und am Ende des Films. Am Anfang solltest Du hinschreiben, wie Dein Film heißt und wer ihn gemacht hat und wer alles mitgeholfen hat. Also erst einen Titel suchen. Bei Anfängern sind Titel wie „Impressionen…“, „Rund um…“, „Spaziergang durch“ usw. recht beliebt. Die sind nicht schlecht, ich verwende sie manchmal noch heute. Wenn Du etwas kreativer sein willst, dann suche Dir einen Titel aus, welcher den Film und das was im Film passiert, gut beschreibt. Jeder einfacher, einprägsamer und genauer der Titel, desto mehr werden sich die Zuschauer später an Deinen Film erinnern. Ein Titel ist die Visitenkarte Deines Films. Sie sollte also sauber gestaltet sein in einer für den Film passenden Schriftart und möglichst alles Wichtige über den Film aussagen. Den kompletten Titel schreibst Du sinnvoller Weise in einer einzigen Schriftart. Entweder auf schwarzen oder farbigen Hintergrund oder über ein „stilles“, also stehendes Bild. Dann sollte aber im Bild für den Titel noch Platz sein, also möglichst kein Bild mit viel Detailreichtum. Am Ende des Films schreibst Du entweder nur nochmals zur Erinnerung, von wem der Film ist oder einfach ein © Zeichen mit Jahr und Namen. Jahr ist wichtig, denn das dient mir später als Erinnerungsstütze, wann ich den Film gemacht habe. Bei kleinen Filmen oder bei Kurzfilmen meinen die Zuschauer manchmal, dass der Abspann mit allen Beteiligten zu lang ist. Trotzdem, Du solltest ihn so kurz wie möglich machen aber niemand vergessen. Wenn die Oma Dir während des Filmens Brötchen gebracht hat, dann solltest Du sie im Film erwähnen, schließlich hat sie unbewusst das „Catering“ übernommen und sie wird sich riesig freuen, wenn sie erwähnt ist. Ein Freund, der drei Stunden beim Filmen die Lampe gehalten hat, wird ziemlich enttäuscht sein, wenn er im Abspann nicht steht und schließlich willst Du ihn bei der nächsten Produktion auch wieder dabei haben. Du siehst, man darf niemand vergessen, dass ist so, wie wenn Du zu Deiner Hochzeit einen wichtigen Verwandten vergisst einzuladen, das wirst Du noch Dein ganzes Leben lang hören. Genug zum Titel, Hauptsache Du hast einen passenden gefunden und am Filmanfang eingeblendet.

Im Feinschnitt bestimmst Du als erstes die Schnitte. Die einzelnen Aufnahmen sind ja schon in der richtigen Reihenfolge, aber die Übergänge zwischen einzelnen Aufnahmen und auch zwischen den verschiedenen Szenen müssen noch weiter getunt werden. Ein Übergang ist in den allermeisten Fällen ein harter Schnitt von einer Aufnahme zur Nächsten. Die Schnittprogrammhersteller liefern zwar oft tausende verschiedene Übergänge mit, die meisten davon sind aber kaum für einen Film geeignet, denn ein Film wird nicht besser, wenn man einen tollen Übergang einbaut. Wenn Geschichte und Ablauf der Aufnahmen stimmen, wird man kaum einen Effekt benötigen, denn der harte Schnitt zwischen zwei Aufnahmen ist fast immer der beste Effekt.

Beispiel: Das beste Beispiel der gesamten Filmgeschichte ist für mich immer noch der harte Schnitt im Film „2001″ von Stanley Kubrick. Er überbrückt damit Millionen von Jahren, indem er von den Affen zum Raumschiff schneidet. Keine Überblendung, nichts, harter Schnitt.

Ausnahmen meiner Regel für den harten Schnitt gibt es natürlich. Ein neuer Tag kann genauso mit einer Aufblendung anfangen, wie ein Tag mit einer Abblendung zu Ende gehen kann. Das gilt natürlich auch für den Filmanfang und das Filmende, hier kannst Du diese Art von Effekten immer verwenden. Ein weiterer Effekt, den man noch verwenden kann, ist die Überblendung und zwar ganz einfach ohne jeden Schnickschnack Effekt. Einsetzen kannst die Überblendung immer dann, wenn Du im Film Realzeit vergeht, also zwischen den Aufnahmen Stunden, Tag oder auch Jahre vergehen und Du das filmisch verdeutlichen willst. Ein Ortswechsel ist seltener für Überblendungen geeignet und einen Ablauf am gleichen Ort und zur gleichen Zeit solltest Du nicht durch eine Überblendung zunichte machen.

Etwas Anderes sind natürlich Effekte im Sinne von „Special Effects“, die wirst Du in Deinem Film aber sicher etwas seltener haben. Einfache Effekte sind z.B. eine Landkarte, wo man seine Reise dokumentiert und möglicherweise auch mit Realaufnahmen überblendet. Efefkte können aber auch Aufhellung oder Richtigstellung der Farben sein, das gehört aber schon eher in die Fortgeschrittenenecke, darauf gehe ich hier nicht näher ein.

tipp3

Der Titel ist die Visitenkarte zu Deinem Film. Sie sollte also sauber gestaltet sein in einer für den Film passenden Schriftart und möglichst alles Wichtige über den Film aussagen. Feinschnitt besteht oft aus zwei Phasen, der vor der Vertonung und der nach der Vertonung. In beiden Phasen gelten aber die gleichen Regeln.

Die erste Phase des Feinschnitts ist jetzt fertig und falls Dein Film keinen Kommentar und keine Musik hat, dann hast Du schon jetzt den fertigen Film von Dir. Die Ausgabe des Films beschreibe ich in einem weiteren Teil meiner Serie „Filmen für Anfänger“.

Zum Kapitel 6 – Vertonung