FILM: Les Miserables
Mal wieder ein aktueller Film, den es sich auf jeden Fall lohnt, anzuschauen, nicht nur wegen der drei Oscars, die der Film bekommen hat. Ich rede von der Musicalverfilmung „Les Miserables“. Eigentlich mag ich keine Musicals und schon gar nicht verfilmte Musicals. Wenn mir dann ein solcher Film gefällt, dann muss er besonders gut sein. Ich will hier nicht auf den Inhalt eingehen, der ist eh in allen Kritikerblogs abgedruckt, ich will hier vielmehr darauf eingehen, warum mir der Film gefällt. Der Hauptgrund ist die Kamera und Montage. Dadurch, dass die Songs live beim Dreh gesungen wurden, erlaubt das der Kamera ganz andere Einstellungen, sie ist nah dran und mitten drin im Geschehen. Das geht schon in der Eröffnungssequenz los. Jean Valjean müht sich zusammen mit anderen Häftlingen ab, ein großes Schiff an Land zu ziehen. Die Anstrengung steht allen ins Gesicht geschrieben, die Kamera fängt das sehr nah ein. Javert kommt ins Spiel und der erste gesungene Dialog: Auf Englisch. Alle Achtung an die deutschen Verleiher, der Film läuft mit dem originalen Gesang mit Untertiteln. Alles Andere hätte diesen Film in Deutschland niedergemacht, denn der Live-Gesang ist sicherlich das Besondere an diesem Film. Die Szenerie entwickelt sich so schnell, dass man gar nicht bemerkt, dass sich hinter Jean Valjean ein Hugh Jackman verbirgt, der nicht nur hier am Anfang, sondern auch später excellent spielt und singt. Überhaupt hat Tom Hooper hier eine excellente singende Besetzung gefunden. Obwohl ich selber mit einem Sascha Baron Cohen nichts anfangen kann, hier ist er als Verrückter toll besetzt. Neben ihm glänzt natürlich auch Helena Bonham Carter. Von Anne Hathaway hat man ja leider nicht so lange was, aber solange Sie singt und spielt (also bevor sie im Film stirbt) macht sie das hervorragend. War das jetzt ein Spoiler? Nee ich glaube nicht, da die Geschichte bekannt ist. Trotzdem fehlt danach etwas im Film und man merkt es erst später, das muss die sehr präsente Anne gewesen sein. Man spürt förmlich ihr Fehlen, auch hier wieder filmisch super umgesetzt.
Jetzt könnte man als nächstes einwenden: Wer schon die Geschichte kennt, also vom Musical vom Buch oder von einer anderen Verfilmung, dem bringt das nicht Neues. Das stimmt überhaupt nicht, denn Tom Hooper schafft hier eine Neuinterpretation, die es filmisch in sich hat. Der Film war für mehrere Oscars nominiert und hat auch drei davon bekommen, aber keinen der Hauptoscars, da war die Konkurrenz stark und es bleibt bei meiner Meinung, dass sich Musicals im Kino schwer tun und damit auch bei der Oscarverleihung. Da tut man dem Film aber vollkommen unrecht, denn obwohl hier ein Musical auf die Leinwand gebracht wurde, strozt der Film nur so von filmischen Leckerbissen und hervorragenden Schauspielern. Abgesehen davon, ist der Film trotz 158 Minuten, sehr kurzweilig. Die Geschichte wird mit jeder einzelnen Szene vorangebracht, es gibt kaum Verschaufpausen im ganzen Film und die Kamera bleibt immer sehr nah dran. Da ist nichts mit Stativ. Im Making of kann man gut sehen, dass viele Szenen mit der 35mm Kamera aus der Hand gedreht sind. Das gibt dem Film eine unheimliche Nähe und Direktheit, die ich so schon länger nicht mehr gesehen habe.