Filme machen für Fotografen
Foto und Film haben ja einiges gemeinsam, so auch Fotografen und Filmer. Da fast alle Fotokameras von der kleinen Knipse bis zum großen Vollformat Boliden Filmaufnahmen machen können, möchten viele Fotografen immer öfters auch filmen. Ich meine nicht die professionellen Fotografen, sondern uns ambitionierte Hobbyfotografen, die Lunte gerochen haben und nun auch Filme machen wollen.
Als ambitionierter Hobbyfotograf nehme ich mal an, Du knipst nicht, sondern machst Fotos, überlegst Dir also genau, welche Geschichte ein Foto erzählen soll, welche Wirkung es auf den Betrachter erzielen soll und verstärkst das auch in der Nachbearbeitung.
Beim Film ist es ähnlich. Du überlegst Dir zuerst eine Geschichte, die Du mit einem Film erzählen willst und wie es auf den Zuschauer wirken soll. Auch beim Film macht ein Großteil die Nachbearbeitung aus, ein Teil davon ist der Schnitt.
Was brauche ich also als Fotograf zum Filmen? Hardwaretechnisch gesehen erstmal nichts, denn als Fotograf hast Du ja vermutlich schon eine gute Kamera, die auch filmen kann. Das Stativ, was Du zum Fotografieren benutzen tust, kannst Du erstmal auch zum Filmen hernehmen, denn Schwenks werden nicht das erste sein, was Du unbedingt ausprobieren musst.
Zuallererst brauchst Du eine Geschichte. Die kann am Anfang noch so einfach sein:
- Der Frühling ist da, was machen die Blumen in meinem Garten?
- Ich bin am Sonntag in einem Wildpark und möchte Euch davon erzählen
- Mein Sohn/Tochter spielt gerne mit seinen Legobausteinen. Was macht er damit?
- Ich gehe durch den Wald spazieren und entdecke viele interessante Dinge
- Ich mache eine Städtereise und möchte Euch über eine interessante Stadt erzählen
Das sind erstmal sehr einfach klingende Geschichten, müssen aber im Film entsprechend umgesetzt werden.
Später wird es sicher ambitionierter und vielleicht wagst Du Dich auch mal an eine richtige Reportage/Dokumentation oder sogar einen Spielfilm. Hier brauchst Du dann umso mehr eine Geschichte, die Du mit Deinem Film erzählst.
Hier ein Beispiel für einen sehr einfachen Film zu einer einfachen Geschichte:
Natürlich tut man, genauso wie beim Foto auch beim Film vieles ausprobieren, um zu lernen und probiert viele technische Hilfsmittel aus. Aber letztendlich ist das einzige, was wirklich notwendig ist, Deine Fotokamera, die auch filmen kann.
Hast Du schon mal als Fotograf eine Fotostory gemacht? Also nicht einzelne Bilder, sondern mit mehreren Bildern eine Geschichte erzählt? Dann bist Du schon sehr nah daran. Ein Film besteht immer aus mehreren Szenen und jede Szene sollte filmisch aufgelöst werden. Nahaufnahmen und Totalen sollten sich abwechseln, eine Szene besteht immer aus mehreren zusammenhängenden Aufnahmen und nicht aus Einzelbildern.
Fotografen passiert häufig am Anfang ihrer Filmkarriere, dass sie sehr statische Bilder machen. Das ist auch jeden Fall viel besser, als wild herumzuschwenken oder grundlos durch die Gegend zu zoomen. Eine Geschichte lässt sich aber viel lebendiger erzählen, wenn sich auch die Kamera bewegt. Im einfachsten Fall ist es einfach ein Verfolgen der Protagonisten mit der Kamera in der Hand (z.B spielende eigene Kinder), dann ist ein Stativ oft sogar hinderlich und eine Handkamera besser geeignet. Nichts ist langweiliger, als ein Kind mehrere Minuten lang vom Stativ beim Spielen zu filmen. Gerade bei Kindern ist es wichtig, dass Du auf deren Augenhöhe bist und dann wird es mit Stativ schwierig.
Einen Grundsatz gilt immer: Bewegt sich was vor der Kamera, dann kann die Kamera auch unruhiger sein, der Zuschauer merkt es nicht. Bewegt sich nichts vor der Kamera, also z.B. bei Landschaftsaufnahmen, dann sollte die Kamera auch ruhig sein, bzw. sich sehr ruhig bewegen.
Hier ein Beispiel für einen einfachen Film, den ich komplett aus der Hand gedreht habe:
Was ist mit Licht? Als Fotograf benutzt Du häufig Deinen Blitz. Natürlich tut man beim Film auch ausleuchten, das ist allerdings schon die hohe Schule der Filmkunst. Am Anfang kommst Du sicherlich ohne zusätzliches Licht aus. Wenn es nicht anderes geht, dann ist eine LED Lampe ganz hilfreich, denn ein Blitz hilft Dir selten weiter, Du brauchst ja Dauerlicht.
Aber kommen wir zurück zu einer Szene. Ein praktisches Beispiel: Du möchtest bei einer Städtereise filmen. Du nimmst Dir vor einzelne historische Gebäude zu zeigen und damit die Geschichte der Stadt zu erzählen. Nun entdeckst Du ein solches historische Gebäude, was Dich interessiert und was Du filmisch zeigen möchtest. Was machst Du?
Ein „Knipser“ stellt sich davor und macht ein Bild.
Ein Fotograf sucht sich einen interessanten Standpunkt mit Vorder- und Hintergrund, wo das Gebäude zu sehen ist. Er macht mehrere Bilder aus mehreren Perspektiven, vielleicht auch mit einigen Details.
Der Filmer arbeitet ähnlich. Er zeigt vielleicht auch noch zusätzlich den Stadtplan, oder ein Schild, wo der Name des Gebäudes zu sehen ist und macht einige Totalen mit Vorder- und Hintergrund, macht aber auch viele Details vom Gebäude. Berücksichtigt dabei auch Menschen, die hinein- oder hinausgehen. Zusätzliche Herausforderung: Man spricht einen dieser Menschen an und frägt nach dem Gebäude. Natürlich musst Du ihn dann auch fragen, ob Du ihn bei der Antwort filmen darfst. Ist es ein Einheimischer, erzählt die Person Dir möglicherweise interessante Sachen über das Gebäude und schon hast Du eine Geschichte.
Später beim Schnitt musst Du natürlich Details und Totalen abwechseln, am Anfang beginnst Du evtl. mit einer Totalen, dann schneidest Du das Schild rein, was den Namen des Gebäudes verrät und zum Schluss musst Du noch einen interessanten Übergang zum nächsten Gebäude finden. Wichtig dabei ist, Du musst den Zuschauer leiten und die Geschichte für ihn filmisch interessant erzählen. Später beim Schnitt ist es wichtig den Leitsatz „Kill your darling“ zu berücksichtigen. Ist eine Aufnahme noch so gut, passt aber nicht in die Geschichte oder den Gesamtablauf hinein, dann sollte man sie auch nicht rein nehmen.
Unwichtige, nichtssagende Aufnahmen solltest Du ebenfalls weglassen, jede Aufnahme im Film sollte die Geschichte vorwärtstragen und etwas Neues erzählen.
Dann kann es natürlich passieren, dass das Wetter recht wechselhaft ist. Entweder Du wartest, bis die Bedingungen so sind, wie Du sie haben willst, oder Du musst später beim Schnitt die Wetterbedingungen auch noch berücksichtigen und evtl. auch etwas Farbanpassungen machen.
Hier ein schon etwas mehr ambitionierter Film über den 3. Oktober in München:
Du siehst, eine Szene ist nicht einfach eine Aufnahme, sondern eine Abfolge von Aufnahmen, mit denen Du die Geschichte möglichst interessant erzählst. Aus mehreren solchen Szenen, die entsprechend thematisch in die Geschichte passen, besteht dann der gesamte Film.
Ein Film sollte dann natürlich auch noch einen Anfang und ein Ende haben. Du solltest dem Film auch einen Titel geben und am Ende noch hinschreiben, wessen Idee es war, wer gefilmt hat und wer geschnitten hat. Untermalung mit Musik ist dann natürlich noch eine andere Geschichte, da will ich hier nicht auf Einzelheiten eingehen.
Du siehst also, einen Film zu machen, ist gar nicht so schwierig, wenn man einige grundlegende Sachen berücksichtigt, viele davon sind einem Fotografen ja nicht neu.
Und schließlich ein Beispiel für einen schon recht ambitionierten Spielfilm von 2014, die ich mit einem Clubfreund gemacht habe: